Langeweile is God.
Der Art Director will das Blatt fertig machen. »Schreib doch über die neue Clapton. Den mochtest du doch früher so gern.« »Ja, aber das ist auch schon ziemlich lange...« »Papperlapapp, nimm mal die Scheibe von dem. Den Clapton kennen die Leute, die mögen den. Sonntag ist Deadline.« Note to myself: Vielleicht macht ein erhöhter Schwierigkeitsgrad die Sache spannender. Verboten sind der Begriff "Slowhand" und die olle Kamelle von "Clapton is God". Ist sowieso eine Ewigkeit her. Also.
Lieber Himmel, das Cover sieht aus wie eine Fielmann-Anzeige. Das geht ja gut los. Erstes Stück: "Travelin' Alone". Blues, logisch. Clapton versucht den einigermaßen dreckig zu gestalten, aber irgendwie bleibt es trotzdem Altherren-Blues. Eine Minute. Eins dreißig. Nein. Song zwei: Auf den Altherren-Blues folgt Opa-Blues. Heißt auch "Rocking Chair". Habe ich wirklich erwartet, dass Clapton ein richtig atemberaubendes Alterswerk fabriziert? Nein, habe ich nicht. Ich werde schläfrig, schnell weiter: "River Runs Deep". Moment, das ist ganz hübsch. Streicher, eine quirlige Wurlitzer, Harmoniegesang mit J.J. Cale, von dem der Song auch stammt. Dass Clapton weiß, wie man mit einer Gitarre umgeht, muss er ja nicht mehr unter Beweis stellen. Tut er hier aber sehr unaufdringlich. Gefällt mir. Macht bloß noch schläfriger, obwohl längst keine Schlafenszeit ist. Ich lege jetzt die neue Arcade Fire auf.
Komisch geträumt. Vom Clapton-Konzert, Hamburg, Sporthalle. Wann war das? 1989? 1990? Clapton hat da noch geraucht. Fand ich damals toll, die Kippe kurz angeraucht und dann zwischen die Saiten am Sattel der Stratocaster geklemmt. Macht heute auch kein Schwein mehr. Auf der Bühne direkt vor mir die Background-Mädels Katie Kissoon und Tessa Niles. Letztere in einem schlichten Minikleid aus Leder, mit einem durchgängigen Reißverschluss vorn. Geöffnet bis zur Herzschlaggrenze. Ich bekam kaum ein Solo von Clapton mit und dachte noch tage- oder (eigentlich eher) nächtelang daran. Ich schalte den Player wieder ein. "Judgement Day" läuft durch, "How Deep Is The Ocean", "The Milkman", "Can't Hold Out Much Longer". Langeweile macht sich in mir breit. »Blues ist das Eisstockschießen der Musik« habe ich mal irgendwo geschrieben. Fällt mir jetzt wieder ein. Erst "Everything Will Be Alright" lässt mich wieder aufhorchen. Schöner Takt, feine Bläser, mit Zurückhaltung gespielt. Das Piano-Solo macht's etwas zu pomadig, aber ein guter Song. "Diamonds Made From Rain", mit Sheryl Crow. Die obligatorische Tränenzieher-Ballade, arg kalkuliert, furchtbar klebriger Text. Aber die Stimme von Clapton ist immer noch klasse. Weiter: Blues, Blues, Blues-Rock (die einzige Eigenkomposition auf diesem Album), noch eine Cover-Variante von "Autumn Leaves", Schluss, aus, vorbei. Husch, zurück in die Hülle.
3 zu 11. Miese Bilanz. Wäre nur als Heimpleite der Bayern gegen den VfB klasse. Die drei Guten sind dafür nicht nur gut, sondern fast toll. Reicht das für drei Sterne? Nein, reicht nicht. Aber wenn es nach dem Art Director geht, kennen die Leute den Clapton ja und mögen den. Haben also vielleicht auch nicht auf ein zweites "Behind The Sun" gehofft, so wie ich. Soll mir recht sein. Und wer bin ich denn schon, um das alles beurteilen zu dürfen? Eben. (Kunden, die das gekauft haben, kauften auch: Joe Cocker, Phil Collins, Carlos Santana.)