Dienstag, 21. September 2010

Richard Ashcroft · RPA And The United Nations Of Sound




Der Verve-Frontmann in zweifelhafter Gesellschaft.

Wäre man schelmisch veranlagt, man könnte sich allerhand ulkige Assoziationen zum neuen Alter Ego Richard Ashcrofts ausdenken. Man könnte behaupten, dass bei den Vereinten Nationen größtenteils Politiker beschäftigt sind, die die Kreativität auch nicht unbedingt gepachtet haben. Oder anmerken, dass Sound alles Mögliche sein kann, aber nicht zwangsläufig Musik sein muss. Auch, dass Ashcroft sich auf dem Cover RPA nennt, also einen jener abgekürzten Zweitvornamen (Paul) verwendet, macht die ganze Sache nicht besser, denn sowas denken sich höchstens Sparkassenkaufleute aus, denen der Doktortitel fehlt.

Warum Richard Ashcroft mit aller Macht so tut, als hätte er eine neue Band, ist kaum zu ergründen. Es wäre sogar unerheblich, könnte man sich einfach über ein weiteres, tolles Album von ihm freuen. Nachdem man „United Nations Of Sound“ zweimal gehört hat, starrt man aber leider noch immer einigermaßen ergebnislos auf die Plattenhülle und fragt sich, was der Quatsch nun eigentlich soll. Das lange vorab veröffentlichte „Are You Ready“ ging mit einem merkwürdigen Video einher, in dem es ums Boxen, Beten und Bereitsein für was auch immer ging. Schon da drängelte sich der Sound(!) zu Ungunsten der Melodie in den Vordergrund und das setzt sich in den weiteren Songs des Albums nun verhängnisvoll fort. „Born Again“ kann man wohl nur wirklich klasse finden, wenn Ashcroft leibhaftig vor einem auf der Bühne steht – visuell ungestützt denkt man eher an den letzten Urlaub und die Animateure auf Teneriffa.

Natürlich hat der Mann das Schreiben von wunderbaren Melodien keinesfalls verlernt, aber seine neue Combo spuckt ihm gemeinsam mit dem Hip-Hop Produzenten No-ID ganz gewaltig in die Suppe. Das fällt besonders bei „This Thing Called Life“, „She Brings Me The Music“ und „Let My Soul Rest“ auf, die allesamt toll gemeint, aber in der Ausführung mit – nun ja – Sound zugekleistert wurden. Den Bombast hat man Richard Ashcroft früher immer gern und leicht verziehen, denn das hypnotische Piano bei „Cry Til The Morning“ oder der Streichereinsatz von „A Song For The Lovers“ waren derart makellos, dass der eine oder andere Ton zuviel vollkommen nebensächlich wurde. Das ist auf „United Nations“ leider anders.

Irgendwie kann man sich beim ersten Album nach den nunmehr zum zweiten Mal verpufften The Verve den Gedanken nicht verkneifen, dass sich Richard Ashcroft gerade mit einer mittelschweren Sinnkrise herumprügelt. Keine Ahnung, was dem gerade fehlt, aber vielleicht wäre eine Auszeit auf den Bahamas besser gewesen, als diese Platte. Bei Ausnahmekünstlern lohnt es sich allerdings, auch in miesen Zeiten dranzubleiben, abzuwarten, Tee zu trinken. Apropos Tee: Gute Besserung.